Die Wahrheit
Da ich in den folgenden Abschnitten damit fortfahren möchte, dreiste Behauptungen aufzustellen, ohne in die Bedrängnis geraten zu wollen, diese auch beweisen zu müssen, schiebe ich an dieser Stelle einen kleinen Exkurs über die Wahrheit ein. Genauer gesagt werde ich den Wahrheitsbegriff neu definieren, um auch in den restlichen Kapiteln allen Zwängen von Wissenschaftlichkeit entgehen zu können.
Die gegenwärtige Kultur hält viel auf wissenschaftliche Beweisbarkeit. Das heißt, eine als objektiv und unabhängig vom einzelnen menschlichen Geist angenommene Wirklichkeit wird auf ihre Eigenschaften hin untersucht. Behauptungen über die Wirklichkeit gelten dann als wahr, denn der Behauptende den anderen den Effekt irgendwie anhand der Wirklichkeit vorführen kann.
Nun ist zum Beispiel das Fallgesetz noch relativ einfach beweisbar, indem man sich im Herbst unter einen Apfelbaum legt und sich einen Apfel auf die Birne fallen lässt.
Die scheinbare Unantastbarkeit solcher simplen wissenschaftlichen Beweise wird dann aber auf Bereiche übertragen, in denen die Sachlage alles andere als ebenso klar ist.
Nehmen wir mal die herbeigeredete Klimakatastrophe: Ein paar Temperaturreihen reichen also aus um anzunehmen, dass die Erde den Bach heruntergeht und der verderbte Mensch daran schuld ist. Die Illusion von Wissenschaftlichkeit, die in unserem kleinen Fallbeispiel mit dem Fallobst noch durchaus ihre Berechtigung haben mag, bleibt aber aufrecht erhalten. Nicht gesehen wird die Fülle an vollkommen willkürlichen Annahmen, die nötig ist, um an dieser Behauptung festzuhalten. Nicht gesehen wird außerdem die extreme Selektivität der Wahrnehmung, die nötig ist, um alles auszublenden, was dieser Behauptung widerspricht. Nicht gesehen wird, welchen grundsätzlichen Einfluss die geistige Intention des Beweisenden hat.
Es könnte nämlich auch ganz anders sein:
- Temperaturschwankungen über Riesen-Zeiträume, die über unseren Betrachtungs-horizont weit hinausgehen sind völlig normal und dies ist ein solcher Anstieg.
- Es wird eine immer weitere Erwärmung extrapoliert, die aber gar nicht wirklich in der Zukunft vorgesehen ist.
- Es gibt einen positiven Sinn dafür, den wir nicht verstehen.
- Der Ursache–Wirkung–Zusammenhang zwischen unseren Aktivitäten und dem Temperaturanstieg stimmt nicht.
- Die Erde ist nicht einfach nur ein zufällig auf Physik reagierender Steinhaufen, sondern sehr wohl in der Lage, auf Fehler von uns ausgleichend zu reagieren.
- Der Mensch ist gar nicht so schlecht und schädlich. Vielleicht – ich wage es kaum auszusprechen – ist er sogar nützlich und gut und darf eine positive Zukunft erwarten.
- Es geht nicht alles immer nur den Bach hinunter, vielmehr geht es viel öfter als gesehen auch hinauf.
Gut. Dieser kleine Angriff auf die sogenannte Wissenschaftlichkeit, von dem ich wünschte, er hätte die Kraft, derlei Unsinn zu beenden, reicht aber auf jeden Fall aus, um mich selbst davon loszueisen.
Und es sei an dieser Stelle noch kurz bemerkt, dass obige Kritik für mathematische Beweise nicht gilt.
- Mathematische Beweise sind vollkommen exakt.
- Die Mathematik ist sich der Grundannahmen bewusst, auf denen sie beruht (Axiome) und auch der Tatsache, dass die Behauptungen und Beweise nur unter diesen Grundannahmen Gültigkeit haben und dass andere Axiome auch eine andere Mathematik hervorrufen würden.
Nachdem uns die Wahrheit aber abhanden gekommen ist, brauchen wir dringend etwas anderes. Sonst weiß man ja gar nicht mehr, was man machen soll. Ich habe mich für Nützlichkeit entschieden.
Diese Publikation bietet eine Reihe von Ideen an, von denen der Autor (also ich) behauptet, Softwareentwicklung könne besser funktionieren, wenn einige der gegenwärtig verbreiteten Ideen durch Ideen aus dieser Publikation ersetzt würden.
Woher weiß man nun, ob das wahr ist, nachdem der Autor zugegeben hat, der Wahrheit abgeschworen zu haben? Normalerweise würde man tun, was man für wahr hält und nicht tun, was man für falsch hält. Und zwar im Sinne einer objektiven, äußeren Wahrheit und unabhängig von der eigenen inneren Befindlichkeit.
Nützlichkeit funktioniert so:
Beim Lesen merkt man ja, ob man Lust hat, irgendwas davon mal auszuprobieren. ("Seit wann gehts hier nach Lust? Wir sind schließlich nicht zum Spaß hier! Und in der Softwareentwicklung schon gar nicht. Man denke nur an Flugzeuge und Kernkraftwerke.") Ruhe dahinten!
Also wenn man Lust hat, es auszuprobieren, dann probiert man etwas aus und schaut, obs auf diese Weise irgendwie besser geht als vorher. Gehts besser, isses nützlich, wenn nicht, dann nicht.
Also wenn das keine Alternative zu wissenschaftlichen Beweisen ist, dann weiß ich auch nicht.